Selbsthilfe im Wandel: Vom Miteinander zur politischen Vertretung

Ist Selbsthilfe noch zeitgemäß? Oder gerade heute wichtiger denn je? Diese Fragen bewegen sowohl den SHV-FORUM GEHIRN als auch die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Baden-Württemberg. Die Antwort der engagierten Vorstandsmitglieder Bärbel Kehl-Maurer und Brigitte Stähle ist eindeutig: Selbsthilfe ist heute nicht nur Lebenshilfe, sondern zunehmend auch selbstbewusste Selbstvertretung.

Von links: Bärbel Kehl-Maurer Vorsitzende, Dr. Werner Jost Beisitzer, Hans-Jürgen Hillenhagen, Schatzmeister, Karlheinz Schneider Beisitzer, Brigitte Stähle stellvertretende Vorsitzende

Selbsthilfe bedeutet mehr als gegenseitige Unterstützung. Es geht um Empowerment und die aktive Wahrnehmung von Rechten durch Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen. „Wir gestalten unsere Lebensräume, teilen Probleme und Lösungen, begegnen uns auf Augenhöhe und schaffen soziale Netzwerke“, erklärt Kehl-Maurer. Aber die Selbsthilfe will mehr: Sie fordert Veränderungen und macht Missstände sichtbar.

Ein zentrales Thema ist dabei die gesellschaftliche Verantwortung für Herausforderungen wie Altersarmut durch lebenslange Pflegeleistungen. „Hier braucht es klare politische Forderungen nach Entlohnung von Pflege, besseren Kurzzeitpflegemöglichkeiten und inklusiven Wohnangeboten für Erwachsene mit Behinderungen“, ergänzt Stähle. Der Fokus dürfe nicht auf den Kosten liegen, sondern müsse ehrlich beantworten, wie eine alternde Gesellschaft diese Herausforderungen meistern möchte.

„In den Regionalgruppen muss das Miteinander und die gegenseitige Unterstützung natürlich weiter gelebt werden, das ist doch der eigentliche Sinn und Zweck der Selbsthilfe“, so der Landes- und Bundesvorsitzende des SHV-FORUM GEHIRN e.V. Karl-Eugen Siegel und fährt fort: „Doch wir müssen uns noch viel stärker auch in die Landes- und Bundespolitik einbringen. Die Landespolitik ist enorm wichtig, da das Land für viele Bereiche zuständig ist.“ So zum Beispiel für die Ausgestaltung der Krankenhausreform (siehe dazu den Beitrag: Rettet die Gehirne!)




DGNR-Kongress in Düsseldorf

Ende November 2024 nahm der SHV Landesverband Baden-Württemberg als Aussteller an der 10. Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation e. V. (DGNR) und der Deutschen Gesellschaft für Neurotraumatologie und Klinische Neurorehabilitation e. V. (DGNKN) im Congress Center Düsseldorf teil.

Landesverbandsvorsitzender K.E. Siegel am Stand auf dem DGNR-Kongress

Der Kongress bot eine hervorragende Gelegenheit, intensive Gespräche mit führenden Persönlichkeiten der neurologischen Rehabilitation zu führen. Ein zentrales Thema war dabei die aktuelle Krankenhausreform und ihre spezifischen Auswirkungen auf Baden-Württemberg. Wir diskutierten die Herausforderungen und möglichen Lösungsansätze, um die Versorgungssituation speziell in der neurologischen Frührehabilitation im Land zu verbessern.

Zudem konnten wir bestehende Kontakte zu Fachleuten der Neurorehabilitation auffrischen und neue Verbindungen knüpfen. Besonders wertvoll waren die Gespräche mit Experten aus der Neuropsychologie, die uns Einblicke in aktuelle Entwicklungen und Therapiemethoden gaben.

Die Jahrestagung bot ein vielfältiges Programm mit zahlreichen Vorträgen und Workshops. Besonders hervorzuheben sind die Beiträge baden-württembergischer Rehabilitationseinrichtungen, die innovative Ansätze in der Neuropsychologie präsentierten. Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen ermöglichte es uns, unser Wissen zu vertiefen und neue Impulse für unsere Arbeit im Landesverband zu gewinnen.

Die Teilnahme am DGNR-Kongress in Düsseldorf war für den SHV Landesverband Baden-Württemberg ein großer Erfolg. Wir konnten unsere Netzwerke erweitern, wertvolle Informationen sammeln und die Sichtbarkeit unseres Verbandes erhöhen. Die gewonnenen Erkenntnisse und Kontakte werden unsere Arbeit in Baden-Württemberg nachhaltig bereichern und dazu beitragen, die Versorgung und Unterstützung von Menschen mit neurologischen Erkrankungen weiter zu verbessern.




Wichtig! Übergangsfrist für Wundauflagen endet am 02.12.2024

Durch das Ende der Regierungskoalition konnte die Verlängerung der Übergangsregelung für bestimmte Wundauflagen nicht verabschiedet werden. Ab dem 02.12.2024 ist die Versorgung mit antimikrobiellen Wundauflagen, Hydrogelen oder honighaltigen Produkten in der ambulanten Pflege nicht mehr sichergestellt.

Betroffene GKV-Versicherte sollten sich möglichst vor diesem Datum eine Verordnung durch ihre Ärztin oder ihren Arzt ausstellen lassen. Alternativ müssen künftig andere Produkte, wie Antiseptika in Kombination mit reinigenden Wundauflagen, eingesetzt werden.

Ob es zu einer erneuten Verlängerung der Frist kommt, bleibt unklar. Die Infektionsprävention wird jetzt umso wichtiger.




Krankenhausreform: Gefahr für neurologische Frührehabilitation auch in Baden-Württemberg

Die Krankenhausreform des Bundes, die gestern (21.11.2024) trotz heftiger Auseinandersetzung im Bundesrat durchgewunken wurde, sorgt nun für große Besorgnis in spezialisierten Versorgungsbereichen wie der neurologischen Frührehabilitation (Phase B). Während bundesweit über die Auswirkungen diskutiert wird, betrifft dieses Problem auch Baden-Württemberg direkt. Besonders kritisch ist die geplante Verlagerung hochspezialisierter Leistungen aus Rehabilitationskliniken in Akutkrankenhäuser, die oftmals weder die notwendige Expertise noch die Kapazitäten besitzen, um diese anspruchsvolle Versorgung adäquat sicherzustellen.

Ein alarmierendes Beispiel liefert Nordrhein-Westfalen mit ihrer derzeit laufenden Krankenhausreform und -planung, wo der nordrhein-westfälische Landesverband des SHV-FORUM GEHIRN e.V. mit einer Petition gegen den Abbau der neurologischen Frührehabilitation kämpft. Ihre Forderung: den Erhalt spezialisierter Kliniken, die für die Genesung schwer neurologisch erkrankter Menschen unverzichtbar sind. Die Petition, die unter shv-nrw.de und auf Change.org unterstützt werden kann, warnt vor den Konsequenzen einer solchen Reform für Patienten und die gesamte Gesundheitsversorgung.

Auch in Baden-Württemberg steht die neurologische Frührehabilitation vor einer ungewissen Zukunft. Dennoch besteht Hoffnung, dass unser Gesundheitsminister gezielte Lösungen findet, um die Qualität dieser spezialisierten Versorgung zu sichern und drohende Defizite zu verhindern. Es bleibt zu hoffen, dass sich Baden-Württemberg gegen den bundesweiten Trend positioniert und eine Vorreiterrolle bei der Sicherung hochwertiger neurologischer Versorgung einnimmt.

 

 




Organentnahme abgebrochen: Patient erwacht trotz Hirntod-Diagnose im OP

Wie die New York Post erst am 18. Oktober 2024 berichtete, ereignete sich im Oktober 2021 im Baptist Health Richmond Hospital in Kentucky ein schockierender Vorfall: Der 36-jährige Anthony Thomas „TJ“ Hoover wurde nach einer Überdosis Drogen ins Krankenhaus eingeliefert und dort für hirntot erklärt. Während der Vorbereitung zur Organentnahme zeigte er jedoch plötzlich deutliche Lebenszeichen.

Natasha Miller, eine Organpräparatorin, war an diesem Tag im Operationssaal anwesend. Sie berichtete, dass Hoover beim Hereinrollen in den Raum Anzeichen von Leben zeigte: „Er bewegte sich – er schlug um sich. Und als wir dann hinübergingen, konnte man sehen, dass ihm die Tränen kamen. Er weinte sichtlich.“

Diese unerwarteten Reaktionen führten dazu, dass zwei der anwesenden Ärzte ihre Teilnahme an der Operation verweigerten. Dennoch versuchte die Fallkoordinatorin der Kentucky Organ Donor Affiliates (KODA), andere Ärzte zu finden, um den Eingriff fortzusetzen. Miller erinnerte sich: „Die Koordinatorin rief also die damalige Vorgesetzte an. Und sie sagte, er habe ihr gesagt, sie müsse ‚einen anderen Arzt dafür finden‘ – ‚wir würden diesen Fall übernehmen. Sie muss jemand anderen finden‘.“

Nyckoletta Martin, eine weitere KODA-Mitarbeiterin, entdeckte bei der Untersuchung von Hoovers Fall, dass er während einer Herzkatheteruntersuchung am selben Morgen aufgewacht war und sich auf dem Tisch gewälzt hatte. Trotz dieser Anzeichen von Bewusstsein wurde Hoover lediglich sediert, und die Vorbereitungen zur Organentnahme wurden fortgesetzt.

Dieser Vorfall führte zum Rücktritt mehrerer KODA-Teammitglieder. Martin äußerte ihre Besorgnis: „Ich habe mein ganzes Leben der Organspende und -transplantation gewidmet. Es macht mir große Angst, dass diese Dinge nun passieren dürfen und es keine besseren Maßnahmen zum Schutz der Spender gibt.“

Hoover überlebte den Vorfall und lebt nun bei seiner Schwester, Donna Rhorer, die als seine gesetzliche Vormundin fungiert. Obwohl er sich in vielerlei Hinsicht erholt hat, kämpft er weiterhin mit Gedächtnisproblemen sowie Schwierigkeiten beim Gehen und Sprechen.

Vertreter von KODA bestritten, dass ein Mitglied ihrer Organisation Ärzte angewiesen hätte, an einem lebenden Patienten eine Organentnahme durchzuführen. Sowohl der Generalstaatsanwalt von Kentucky als auch die US-amerikanische Gesundheitsbehörde Health Resources and Services Administration untersuchen derzeit den Vorfall.

Quellen: New York Post, The Guardian, t-online

Kommentar:

Dieser Fall wirft erneut ernsthafte Fragen zur Zuverlässigkeit der Hirntod-Diagnose und zu den ethischen Praktiken bei der Organentnahme auf.

Es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die belegen könnten, dass sterbende Menschen im Zustand des Hirnversagens (Hirntod) nichts mehr empfinden. Es ist eine Hypothese, eine Annahme, die die Transplantationsmediziner aufgestellt haben. Auch dieser Fall von Anthony Thomas Hoover zeigt, dass deutliche Zeichen des Lebens, bei einem „definierten Hirntod“ eben als Reflexe abgetan werden.

Auf meine Kritik an der Auffassung, dass Hirntote Tote sind und nicht, wie ich es, bei meiner Frau erlebt habe, eine Sterbende, wird immer wieder stereotypisch geantwortet: Wachkomapatienten sind keine Hirntote! – Ich glaube behaupten zu dürfen, dass ich nach über dreißig Jahren, in denen ich mich für Hirnverletzte und vielen Wachkomapatienten eingebracht habe, den Unterschied sehr wohl kenne. Doch es scheint, so auch der Fall Hoover, dass diese Unterscheidung den Transplantationsmedizinern bis heute nicht klar ist, bzw. die Verantwortlichen in Medizin und Politik nicht eingestehen wollen. Wie nah ein Wachkomapatient dem „Hirntod“ ist, zeigt doch dieser Fall wieder einmal ganz deutlich.

Ein „Hirntoter“ ist keine Leiche, kein Toter im gesellschaftlichen Sinn. Er ist ein Sterbender, der normalerweise nicht mehr ins bewusste Leben zurückkehren kann – es sei denn, er heißt Anthony Thomas Hoover.




Diskussion über die Krankenhausreform – Baden-Württembergs Perspektive

In der anhaltenden Debatte über die geplante Krankenhausreform in Deutschland hat der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha die Haltung seines Landes deutlich gemacht. Die Reform, die am Freitag im Bundesrat beraten werden soll, steht unter intensiver Beobachtung der Landesregierung, insbesondere im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Krankenhausplanung und -finanzierung.

 

Fortschritte und Kritikpunkte aus Baden-Württemberg

Baden-Württemberg hat in den vergangenen Jahren bereits erhebliche Fortschritte in der Krankenhausstrukturierung erzielt. Kliniken wurden zusammengelegt und Strukturen konzentriert, um die medizinische Versorgung effizienter zu gestalten. In diesem Kontext betonte Lucha, dass das Land zwar nicht das gesamte Reformpaket grundsätzlich in der Lage sei, jedoch wesentliche Änderungen im Vermittlungsausschuss durchsetzen wolle.

Zentrale Kritikpunkte Luchas betreffen insbesondere zwei Aspekte:

  1. Vorhaltevergütungen : Lucha äußerte Bedenken hinsichtlich der geplanten Vorhaltevergütungen, die für den Betrieb von Krankenhäusern unabhängig von der tatsächlichen Auslastung gezahlt werden sollen. Diese Vergütungsstruktur stellt eine Herausforderung für die Finanzierungsplanung dar und muss überarbeitet werden.
  2. Konstruktion der Leistungsgruppen : Auch die Einführung und Gestaltung von Leistungsgruppen, die für die Kategorisierung und Finanzierung von Krankenhausleistungen entscheidend sind, stieß auf Kritik. Lucha sieht darin eine potenzielle Einschränkung der Flexibilität und Effizienz in der Versorgung.

Ein besonders kontrovers diskutierter Punkt ist der geplante Eingriff in die Planungshöhe der Länder. Die Krankenhausplanung liegt traditionell in der Verantwortung der Bundesländer, und Lucha argumentierte, dass die Reform diese Hoheitsrechte in unzulässiger Weise beschneide. „Krankenhausplanung ist Länderhoheit. „Das, was uns vorliegt, greift in unser Hoheitsrecht ein – und das können wir nicht akzeptieren“, betonte er.

Baden-Württemberg wird im Bundesrat alles unternehmen, um die Reform im Vermittlungsausschuss anzupassen. Lucha machte deutlich, dass eine Ablehnung ohne vorherige Verhandlungen im Vermittlungsausschuss für sein Land keine Option sei. Falls dieser Ausschuss nicht angerufen wurde, kündigte er eine Protokollerklärung an, in der Baden-Württemberg auf notwendige Nachbesserungen durch eine künftige Bundesregierung hinweisen werde.

Die Diskussion um die Krankenhausreform zeigt, wie sensibel der Balanceakt zwischen bundesweiten Regelungen und der Länderhoheit ist. Baden-Württemberg sieht sich bereits gut aufgestellt und warnt vor Reformelementen, die bestehende Strukturen gefährden könnten. Lucha unterstrich, dass eine konstruktive Auseinandersetzung im Vermittlungsausschuss notwendig sei, um die Reform auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Das Ergebnis der Bundesratssitzung am Freitag könnte entscheidend für die zukünftige Ausgestaltung des deutschen Gesundheitswesens sein.




Organspende durch Zwang? – Schwartze drängt auf Abstimmung vor Neuwahlen

Stefan Schwartze (SPD), der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, besuchte am 11.11.2024 den Virchow-Campus der Charité in Berlin, um mit Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane zu sprechen. Angesichts langer Wartezeiten von bis zu zehn Jahren setzt er sich für eine Widerspruchsregelung ein, nach der jede Person als Organspender gilt, sofern sie nicht aktiv widerspricht. Schwartze drängt auf eine Abstimmung vor den kommenden Neuwahlen, um „den Systemwechsel für das Warten so schnell wie möglich zu befürworten“. Bereits 220 Abgeordnete unterstützen den Entwurf (Quelle: aerzteblatt.de Montag 11.11.2024).

Natürlich hat jeder Mensch das Recht zu leben!“ Aber tatsächlich auch auf Kosten eines anderen Menschen?“ stellt Karl-Eugen Siegel in den Raum. „Auch wenn man heute nicht mehr über die Definition des Hirntodes diskutieren darf, so ist der Hirntode ein Sterbender und bei weitem keine Leiche!“ weiter „Deshalb ist es absolut illegal, ohne ausdrückliche Zustimmung diesem Sterbenden seine Organe zu entnehmen. Es ist, auch wenn wir bis heute noch nicht wissen, was diese Explantation im jeweiligen Menschen bewirkt, eine mehr als großzügige Spende.“ In diesem Zusammenhang verweist Siegel immer wieder auf seine vor 30 Jahren gemachte Äußerung (Quelle: K.E.Siegel/Wir durften nicht aufgeben): „Ich weiß nicht, was ich meiner Frau in den drei Monaten ihres Hirntodzustandes zugemutet habe.“ und aktualisiert: „Bis heute kann mir kein Transplantationsmediziner, kein Theologe, kein Ethiker und vor allem kein Politiker darauf antworten. Und daher bin ich absolut gegen eine Widerspruchslösung, die einen massiven Zwang darstellt.“

Siegel plant auf der Website des Landesverbands einen eigenen Themenblog zu dieser Problematik zu starten. Dieser könnte auch Bestandteil des 3. Deutschen Hirntages am 28. März 2025 in Stuttgart sein, bei dem über das Thema: „Ethik in der Medizin, Rehabilitation und in der (Gesundheits-)Politik “ kontrovers diskutiert werden soll.




Krankenhausreform betrifft uns alle!

Landesverband Baden-Württemberg unterstützt Petitionsaufruf zur Frührehabilitation in NRW – Krankenhausreform betrifft uns alle!

Unser Partnerverband in NRW ruft dringend zur Unterstützung der Petition für den Erhalt der neurologischen Frührehabilitation auf. Die geplante Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen gefährdet die spezialisierte Versorgung von Menschen mit schweren neurologischen Erkrankungen, darunter Schlaganfälle und Schädel-Hirn-Verletzungen. Diese Reform hätte schwerwiegende Folgen für die Genesungschancen zahlreicher Patient*innen (Aktueller Bericht dazu aus NRW).

Als Landesverband Baden-Württemberg stehen wir solidarisch an der Seite unseres NRW-Verbandes. „Was aktuell in NRW passiert, betrifft letztlich alle Bundesländer“, erklärt Siegel, Vorsitzender unseres Landesverbandes. „Gesundheitsminister Laumann hat selbst betont, dass diese Reform eine Blaupause für ganz Deutschland sein könnte. Was hier entschieden wird, könnte bald alle Bundesländer betreffen.“

Deshalb appellieren wir an alle Mitglieder und Unterstützer*innen:

Schützen Sie die Frührehabilitation, unterstützen Sie die Petition und setzen Sie ein starkes Zeichen, das weit über NRW hinausgeht!

Hier zur Petition auf Change.org

 




RKI-Protokolle als Wendepunkt: War Impfpflicht verfassungswidrig?

„Es ist wichtig, dass wir uns an die Vergangenheit erinnern“, sagt Siegel. „Die Impfpflicht war nicht das einzige Problem; auch die restriktiven und unmenschlichen Maßnahmen, wie etwa das Besuchsverbot für schwer kranke und in unseren Fällen sogar kognitiv stark beeinträchtigte Patienten, waren sowohl überzogen als auch ineffektiv. Geimpft, getestet und mit Mundschutz war es nicht nachvollziehbar, dass nur eine Person und nur einmal die Woche für eine Stunde ihre Angehörige besuchen durften. Das war, wie gesagt, nicht nur kontraproduktiv sondern absolut unmenschlich. Die von der Regierung initiierte Angstwelle war weder der Situation angemessen, noch so hoffe ich verfassungsmäßig und menschlich völlig unakzeptabel. Ich hoffe, dass das Bundesverfassungsgericht diesmal alle verfügbaren Beweise berücksichtigt und zu einer Entscheidung gelangt, die der damaligen tatsächlichen Situation gerecht wird.“

Das Bundesverfassungsgericht muss erneut die Verfassungsmäßigkeit der Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen prüfen. Dies geht aus einem aktuellen Bericht der Ärztezeitung hervor. Hintergrund ist eine Klage einer Pflegehelferin aus dem Landkreis Osnabrück, die ihren Arbeitsplatz aufgrund fehlender Impf- oder Genesungsnachweise verloren hat. Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat die Klage zur Prüfung vorgelegt, was nun zu einer erneuten Bewertung der bisherigen Rechtsprechung führt.

Im April 2022 hatte das Bundesverfassungsgericht die Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen als rechtmäßig bestätigt. Allerdings werfen neuere Entwicklungen Fragen auf, insbesondere durch ein kürzlich veröffentlichtes Protokoll des COVID-19-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts (RKI). Lars Schaade, der Präsident des RKI, äußerte vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück Zweifel an der Unabhängigkeit der behördlichen Entscheidungsprozesse. Diese Bedenken sind besonders bedeutend, da viele gerichtliche Entscheidungen während der Pandemie auf den Empfehlungen des RKI basierten.

Ursprünglich sollte die Impfpflicht vulnerable Gruppen vor einer Infektion durch ungeimpftes Personal schützen. Doch nach Inkrafttreten der Regelung im März 2022 stellte sich heraus, dass die Impfung keinen zuverlässigen Schutz vor der Virusübertragung bietet, sondern vor allem das Risiko schwerer Krankheitsverläufe reduziert. Offenbar informierte das RKI das Gesundheitsministerium nicht über diese neuen Erkenntnisse, was dazu führte, dass die Impfpflicht im Laufe des Jahres 2022 möglicherweise verfassungswidrig wurde.

Die anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könnte weitreichende Folgen haben. Sollten die Richter die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestätigen, könnte dies die einrichtungsbezogene Impfpflicht nachträglich außer Kraft setzen und eine umfassende Neubewertung der Corona-Maßnahmen erfordern. Die juristische Aufarbeitung der Pandemiepolitik steht somit vor einer potenziellen Wende.




Nach Habecks Heizdebakel: Macht Lauterbach jetzt die Krankenkassen zur nächsten Testwiese?

50 Milliarden Forschungsgelder? Doch wo bleibt die effizienzbasierte Strategie, Herr Minister?

 

Die gestrige (30.08.2024) Aussage von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, dass die Beitragssteigerungen bei den Krankenkassen unvermeidbar seien, muss jeden Bürger, der sich für finanzielle Fairness und Transparenz einsetzt, zutiefst beunruhigen. Unter dem Deckmantel notwendiger Reformen und struktureller Verbesserungen wird hier eine massive finanzielle Belastung auf die Versicherten und Steuerzahler abgewälzt, ohne dass klar definiert wird, welche konkreten Vorteile oder Einsparungen dies für sie bringen wird.

Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Laut Gesetzentwurf sollen sich „für Bürgerinnen und Bürger keine Veränderungen beim Erfüllungsaufwand infolge der gesetzlichen Änderungen ergeben“. Doch diese Aussage verdeckt die Tatsache, dass die geplanten Veränderungen erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Belastung der Bürger haben werden. Wenn man die Pläne des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) betrachtet, wird deutlich, dass allein 25 Milliarden Euro aus Mitgliedsbeiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stammen sollen, zusätzlich zu weiteren 25 Milliarden Euro, die aus Steuergeldern finanziert werden. Das bedeutet, dass die Bürger für diese sogenannte „Verbesserung“ zunächst insgesamt 50 Milliarden Euro zahlen müssen.

Wofür zahlen die Bürger?

Was bekommen die Bürger für eine solch enorme Summe? Der Gesetzentwurf spricht von einer „Konzentration der Angebotsstruktur“ und einer „Qualitätsverbesserung“. Diese Begriffe sind jedoch vage und lassen die tatsächlichen Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung unklar. Noch problematischer ist die Aussage, dass die dauerhaften Einsparpotenziale, die durch diese Reform entstehen sollen, „nicht genau quantifiziert werden können“.

In der freien Wirtschaft würde eine solche Unklarheit zu einem sofortigen Vertrauensverlust führen. Aktionäre würden nicht zögern, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Warum soll es in der Politik anders sein, wenn es um Steuergelder und die Beiträge der gesetzlich Versicherten geht?

Die Rolle des Gesundheitsministers und der Regierung

Die Kritik, die von Carola Reimann, der Vorstandsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, geäußert wurde, dass Lauterbach der „teuerste Bundesgesundheitsminister aller Zeiten“ sei, greift in dieser Hinsicht zu kurz. Es ist nicht nur ein individueller Minister, der hier zur Verantwortung gezogen werden muss, sondern die gesamte Regierung, die bereit ist, solche weitreichenden und unklaren Gesetzesänderungen zu unterstützen.

Mit Blick auf die Aussagen von Wirtschaftsminister Robert Habeck über sein eigenes gescheitertes Gesetzesvorhaben zum Gebäudeenergiegesetz, das er als ein „Test“ ansah, um zu prüfen, wie weit die Bevölkerung für Klimaschutz bereit sei, Belastungen in Kauf zu nehmen, könnte man sich fragen, ob Lauterbach eine ähnliche Strategie verfolgt. Ist auch die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge ein Experiment, um zu sehen, wie weit man die Bürger belasten kann, bevor der Widerstand zu groß wird?

Forderung nach Konsequenzen

Wenn politische Verantwortungsträger weder die persönlichen noch die politischen Konsequenzen für ihr Handeln tragen wollen, stellt sich die Frage, ob sie überhaupt in der Lage sind, solche weitreichenden Entscheidungen im Sinne der Allgemeinheit zu treffen. Es ist höchste Zeit, dass hier mehr Transparenz und Verantwortlichkeit eingefordert werden. Nur so kann das Vertrauen der Bürger in die Politik und in das Gesundheitssystem wiederhergestellt werden.

Dieser Ansatz, tiefgreifende Änderungen erst einmal als „Experiment“ zu testen, könnte als bedenkliches Demokratieverständnis gewertet werden. Es bleibt zu hoffen, dass auch Lauterbach sein „Experiment“ wie Habeck überdenkt und die Interessen der Bürger in den Vordergrund stellt, statt sie als bloße Probanden für politische Manöver zu betrachten.