Leben.Würde

Am Samstag, dem 10. Mai 2025, eröffnete Prof. Dr. Jörg Benedict, Professor für Deutsches und Europäisches Privatrecht an der Universität Rostock, das Vormittagsplenum des Kongresses „Leben.Würde“ mit einem bemerkenswerten Vortrag zum Thema „Menschenwürde in Zeiten des Krieges“.

Menschenwürde in Zeiten des Krieges

In seinem Vortrag beleuchtete Prof. Benedict die Herausforderungen, denen das Konzept der Menschenwürde in kriegerischen Auseinandersetzungen gegenübersteht. Er analysierte, wie bewaffnete Konflikte die fundamentalen Prinzipien des humanitären Völkerrechts und die universellen Menschenrechte unter Druck setzen. Besonders betonte er die Gefahr, dass in Kriegszeiten die Unantastbarkeit der menschlichen Würde relativiert oder gar missachtet wird.

Prof. Benedict argumentierte, dass gerade in Zeiten des Krieges die Verpflichtung zur Achtung der Menschenwürde nicht aufgehoben, sondern umso dringlicher sei. Er verwies auf historische und aktuelle Beispiele, in denen die Missachtung der Menschenwürde zu schwerwiegenden humanitären Katastrophen geführt hat. Dabei unterstrich er die Rolle des Rechtsstaates und internationaler Institutionen bei der Wahrung und Durchsetzung der Menschenrechte, selbst unter den extremen Bedingungen bewaffneter Konflikte.

Ein zentrales Anliegen seines Vortrags war es, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Verteidigung der Menschenwürde nicht nur eine rechtliche, sondern vor allem eine moralische und gesellschaftliche Aufgabe ist. Er appellierte an die Verantwortung jedes Einzelnen und der Gemeinschaft, sich aktiv für den Schutz der Menschenwürde einzusetzen, insbesondere in Zeiten, in denen sie am stärksten bedroht ist.

Prof. Benedicts Vortrag war ein eindrucksvoller Beitrag zum Kongress, der die Teilnehmer dazu anregte, über die Bedeutung und den Schutz der Menschenwürde in Extremsituationen (wie dies auch bei unseren Wachkoma-Patienten der Fall ist /Anm. KES) nachzudenken und sich für deren Wahrung einzusetzen.

Bericht zum Kongress „Leben.Würde“ am 10. Mai 2025 in Schwäbisch Gmünd

Vom 9. bis 11. Mai 2025 fand im Christlichen Gästezentrum Schönblick in Schwäbisch Gmünd der zweite Kongress „Leben.Würde“ statt. Die Veranstaltung widmete sich dem Schutz der Menschenwürde in allen Lebensphasen und bot eine Plattform für Diskussionen über aktuelle bioethische Fragestellungen. Am Samstag, dem 10. Mai, nahm ich an zwei Seminaren teil, die sich mit dem Lebensrecht im politischen Prozess und der Selbstbestimmung am Lebensende befassten.

Seminar 1: Lebensrecht im politischen Prozess – Wie sage ich es meinem Abgeordneten?

Dieses Seminar wurde von Susanne Wenzel geleitet und bot praxisnahe Einblicke in die politische Arbeit für das Lebensrecht. Die Referentin erläuterte Strategien, wie man effektiv mit Abgeordneten kommunizieren kann, um Anliegen des Lebensschutzes zu vermitteln. Dabei wurden sowohl die Bedeutung einer fundierten Argumentation als auch die Notwendigkeit eines respektvollen Dialogs betont. Besonders hilfreich waren die Rollenspiele, in denen wir Gesprächssituationen mit Politikern simulierten und Feedback zu unserer Argumentationsweise erhielten.

Seminar 2: Mein Tod, meine Entscheidung? Die Kunst, in Würde zu sterben

Im zweiten Seminar referierte Michael Ragg über die ethischen und gesellschaftlichen Aspekte der Sterbehilfe. Er diskutierte die Herausforderungen, die sich aus der Legalisierung des assistierten Suizids ergeben, und stellte alternative Konzepte wie die Palliativversorgung vor. Besonders eindrucksvoll war die Diskussion über die Bedeutung von Würde und Selbstbestimmung am Lebensende sowie die Rolle von Angehörigen und medizinischem Personal in diesem sensiblen Prozess.

Insgesamt war der Kongress „Leben.Würde“ eine bereichernde Erfahrung, die sowohl fachliche Impulse als auch persönliche Reflexionen ermöglichte. Die Seminare boten wertvolle Einblicke in aktuelle Debatten und zeigten Wege auf, wie man sich aktiv für den Schutz der Menschenwürde engagieren kann.

Bericht von Karl-Eugen Siegel (k.e.siegel@shv-forum-gehirn.de)




Jeder Organspender war zuvor ein Mensch im Koma!

Kritische Aufklärung zur Organspende auf dem Kirchentag in Hannover – Der SHV-FORUM GEHIRN am Stand der KAO

Drei intensive Tage voller Gespräche, Begegnungen und kritischer Aufklärung – so lässt sich der Beitrag des SelbstHilfeVerbandes – FORUM GEHIRN e.V. zum 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hannover zusammenfassen. Am Stand der Initiative KAO – Kritische Aufklärung über Organtransplantation war auch der Landesverband Baden-Württemberg vertreten, angeführt von seinem Vorsitzenden Karl-Eugen Siegel.

Unter dem Leitsatz „Jeder Organspender war zuvor ein Mensch im Koma!“ setzte der SHV ein deutliches Zeichen für Menschenwürde, Lebensschutz und Aufklärung. „Wir kämpfen für das Recht auf Leben, auf Hoffnung und auf Würde – auch dann, wenn andere schon aufgegeben haben“, betonte Siegel in vielen Gesprächen mit Besucherinnen und Besuchern.

Dr. Martin Stahnke (rechts) und Karl-Eugen Siegel am Stand der Initiative KAO, Kirchentag Hannover 2025.

Der Stand der KAO war über die gesamten drei Tage ein belebter Ort kontroverser Diskussion. Neben Plakatwänden und Flyern standen zahlreiche Materialien zur Verfügung: persönliche Schicksalsberichte von Angehörigen, Stellungnahmen renommierter Expertinnen und Experten, Hintergrundinformationen zur Hirntoddiagnostik – und nicht zuletzt die detaillierten Organspendeausweise, mit denen Menschen differenzierter und bewusster ihre Haltung zur Organspende dokumentieren können.

Eine Stimme für die Angehörigen

Ein zentrales Motiv für das Engagement von Karl-Eugen Siegel auf dem Kirchentag war die wachsende Zahl an Berichten von Angehörigen aus Baden-Württemberg, die sich in den letzten Monaten Hilfe suchend an den Verband gewandt hatten. Immer häufiger werde – so ihre Aussagen – auf Intensivstationen das Thema Organspende angesprochen, obwohl Patientenverfügungen klar gegen eine solche Maßnahme gerichtet waren.
„Wenn Angehörige erleben müssen, dass der erklärte Wille eines Patienten nicht respektiert wird, ist das ein massiver Vertrauensbruch – gegenüber dem Menschen, der sich nicht mehr äußern kann, und gegenüber seinen Nächsten“, so Siegel.

Gerade der Kirchentag, an dem ethische Fragen des Lebensschutzes auf fruchtbaren Boden fallen, war ein idealer Ort, um auf diese Problematik aufmerksam zu machen. Viele der Besucherinnen und Besucher zeigten sich nachdenklich, hinterfragten ihre bisherigen Informationen zur Organspende oder nahmen Infomaterial mit, um sich tiefer mit der Thematik auseinanderzusetzen.

Gemeinsam für differenzierte Aufklärung

Am Stand kam es auch zu Begegnungen mit anderen Engagierten und Fachleuten, wie etwa dem Medizinrechtler und Publizisten Dr. Rainer Beckmann sowie dem Anästhesisten Dr. Martin Stahnke, die beide für eine klare ethische und rechtliche Orientierung im Umgang mit Hirntod und Organspende eintreten. Ein gemeinsames Foto von Karl-Eugen Siegel und Dr. Stahnke (2. Vorsitzender) am Stand der KAO dokumentiert die starke Vernetzung der Bewegung.

Die Teilnahme am Kirchentag war nicht nur ein Zeichen gegen die schleichende Einführung der Widerspruchslösung, sondern auch ein Aufruf: Organspende darf kein Automatismus werden. Sie muss Ausdruck eines freiwilligen, informierten und respektierten Willens sein – nie das Ergebnis von Druck, Unwissenheit oder übergehender Patientenverfügungen.

Mit ihrem klaren Standpunkt, tiefem Respekt vor jedem Menschenleben und einer Vielzahl an Informationsangeboten hat der SHV Baden-Württemberg gemeinsam mit der KAO einen starken Akzent gesetzt – für Menschlichkeit, für Selbstbestimmung, für Hoffnung.


Möchten Sie mehr über unsere Arbeit erfahren oder sich informieren, wie Sie Ihre Haltung zur Organspende klar dokumentieren können? Nehmen Sie Kontakt mit uns auf k.e.siegel@shv-bw.de
Detailliertes Informationsmaterial zum Thema finden Sie bei KAO

 




Selbsthilfe sichtbar machen

Der SHV-FORUM GEHIRN/Heidelberg beim 14. Deutschen Seniorentag

Unter dem Motto „Worauf es ankommt“ fand vom 2. bis 4. April 2025 der 14. Deutsche Seniorentag in Mannheim statt. Mit dabei: der SelbstHilfeVerband – FORUM GEHIRN, vertreten durch die Selbsthilfegruppe Heidelberg.

Am Stand des Gesundheitstreffpunkts Mannheim informierte Frau Nitspon, Leiterin der Heidelberger Gruppe, über die Herausforderungen und Perspektiven von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen. In zahlreichen Gesprächen mit Besucher:innen wurde deutlich, wie groß das Interesse an neurologischer Selbsthilfe, an Austausch und Unterstützung in schwierigen Lebenssituationen ist.

Die Präsenz des SHV-FORUM GEHIRN sorgte für wichtige Aufmerksamkeit im Kontext des Seniorentags – denn auch im Alter sind viele Menschen direkt oder indirekt von Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder anderen neurologischen Erkrankungen betroffen.

Im Bild: Frau Nitspon (rechts) – Leiterin der Selbsthilfegruppe Heidelberg des SHV-FORUM GEHIRN – am gemeinsamen Stand mit dem Gesundheitstreffpunkt Mannheim.

Der Austausch mit Fachpublikum, Betroffenen und Angehörigen war für alle Beteiligten bereichernd – und ein starkes Signal dafür, wie wichtig Sichtbarkeit, Vernetzung und gegenseitige Unterstützung sind.




Auf zur REHAB Karlsruhe vom 22. bis 24. Mai 2025!

Der Landesverband Baden-Württemberg des SelbstHilfeVerband – FORUM GEHIRN e.V. lädt Sie herzlich ein, uns auf der diesjährigen REHAB-Messe in Karlsruhe zu besuchen. Sie finden uns in Halle 3 am Stand L52.

Vor Ort stehen Ihnen engagierte Vertreter unseres Landesverbands, des SHV – FORUM GEHIRN e.V. sowie der Selbsthilfegruppe ceres Stuttgart e.V. für persönliche Gespräche zur Verfügung. Unser Anliegen ist es, Betroffene und Angehörige nach einer Hirnverletzung zu unterstützen – sei es nach einem Unfall, Schlaganfall, Hirntumor oder bei anderen Schädigungen des zentralen Nervensystems. Auch Menschen im Wachkoma mit intensivem Pflegebedarf finden bei uns Gehör und Begleitung.

Im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen die Betroffenen und ihre Angehörigen.

Die REHAB öffnet in diesem Jahr bereits zum 23. Mal ihre Tore und ist eine der führenden Fachmessen für Rehabilitation, Therapie, Pflege und Inklusion. Mehrfach waren wir bereits dabei – und auch diesmal möchten wir die Gelegenheit nutzen, unsere Selbsthilfearbeit einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen.

An unserem Stand erhalten Sie Informationen zu Krankheitsbildern, die im öffentlichen Diskurs oft zu wenig Beachtung finden. Wir möchten ins Gespräch kommen – mit Betroffenen, Angehörigen, Therapeutinnen und Therapeuten, Medizinerinnen und Medizinern sowie allen Interessierten. Gleichzeitig freuen wir uns darauf, neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter für unsere Selbsthilfearbeit zu gewinnen.

Besuchen Sie uns vom 22. bis 24. Mai 2025 in Halle 3, Stand L52.

Für Gespräche stehen Ihnen Herr Karl-Eugen Siegel, Herr Peter Holota und Frau Ingrid Zoeger gern zur Verfügung.

Wir danken der AOK Baden-Württemberg herzlich für ihre freundliche Unterstützung unseres Messeauftritts.




SHV Baden-Württemberg auf dem Kirchentag 2025 – mit Roman „Herzschlag“ im Gepäck

Der SHV-Landesverband Baden-Württemberg im Gespräch über Organspende und Widerspruchslösung

Vom 30. April bis 4. Mai 2025 ist der Landesverband Baden-Württemberg des SelbstHilfeVerbands FORUM GEHIRN e.V. auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hannover vertreten.
Sie finden uns gemeinsam mit der Initiative KAO am Stand 6-F37 in Halle 6 auf dem Messegelände.

Im Mittelpunkt stehen Gespräche zur geplanten Einführung der Widerspruchslösung bei der Organspende – und die damit verbundenen Fragen aus Sicht von potenziellen Organspendern, insbesondere von Patientinnen und Patienten im Koma oder im apallischen Syndrom (Wachkoma) sowie deren Angehörigen.

Karl-Eugen Siegel, Landesvorsitzender und selbst betroffen durch die Hirntoddiagnose seiner Frau im Jahr 1991, wird mit Besucherinnen und Besuchern über die ethischen, medizinischen und persönlichen Dimensionen dieser existenziellen Grenzsituation ins Gespräch kommen.
Denn: Bevor eine Hirntoddiagnose gestellt wird, befinden sich die betroffenen Menschen in einem Zustand tiefster Bewusstlosigkeit – und nicht selten werden die Angehörigen mit der Entscheidung zur Organspende überrumpelt, obwohl Fragen offenbleiben.

Die eigenen Erfahrungen von Karl-Eugen Siegel sowie die aktuelle politische Debatte haben ihn veranlasst, zum Kirchentag den Roman „Herzschlag“ zu veröffentlichen.
Das Buch erzählt die berührende Geschichte einer jungen Frau im Koma, eines kontroversen Hirntodbefunds – und einer Familie zwischen Zweifel, Verantwortung und Hoffnung.

Ein literarischer Beitrag, der aufrüttelt – und den Boden bereitet für tiefgehende Gespräche am Stand von KAO und SHV Baden-Württemberg.

Mehr zum Roman „Herzschlag“: Zur Rezension
Mehr zur Initiative KAO: www.initiative-kao.de




„Herzschlag“ – Ein Roman, der unter die Haut geht

Mit Herzschlag gelingt Karl-Eugen Siegel ein ebenso aufrüttelndes wie tiefgründiges literarisches Werk, das weit über eine fiktive Fallgeschichte hinausgeht. Im Mittelpunkt steht die bewegende Geschichte der jungen Lena Müller, die nach einem Unfall im Koma liegt. Ihr Zustand wird zum Brennglas für zentrale Fragen unserer Zeit: Wie definieren wir Leben? Was bedeutet Menschenwürde im medizinischen Grenzbereich? Und wer entscheidet über Leben und Tod?

Doch dieser Roman ist weit mehr als eine persönliche Tragödie. Herzschlag verknüpft gekonnt die individuelle Geschichte mit realen gesellschaftlichen, politischen und ethischen Debatten. Eingebettet in die Handlung sind die aktuellen Diskussionen um die Widerspruchslösung, die Arbeit des Gesundheitsausschusses des Bundestages sowie Beiträge aus Medizin, Recht und Ethik. Dabei gelingt es dem Autor, komplexe Sachverhalte verständlich darzustellen – ohne dabei belehrend zu wirken.

Fiktion trifft Realität – und wird interaktiv

Ein besonderes Merkmal des Buches ist die digitale Erweiterung durch 40 QR-Codes, die direkt zu weiterführenden Quellen, Studien, Bundestagsdebatten, Experteninterviews und Medienberichten führen. Diese innovative Verknüpfung von Literatur und Realität macht das Buch zu einem interaktiven Leseerlebnis, das gleichermaßen informiert und berührt. Die Leser:innen erhalten fundierte Einblicke in medizinische Hintergründe zur Hirntoddiagnostik, ethische Fragestellungen und politische Entscheidungsprozesse.

In zahlreichen Fußnoten greift der Autor auch auf die Literatur des SelbstHilfeVerband – FORUM GEHIRN e. V. zurück, etwa zu Wachkoma, Rehabilitationsverläufen und Patientenrechten. Zudem fließen Impulse aus der Literatur von Dr. Hans-Dieter Zieger ein, der sich mit der Lebenswirklichkeit von komatösen Menschen auseinandersetzt. Diese Einbindungen verleihen dem Roman zusätzliche Tiefe und verankern ihn fest in der gegenwärtigen ethischen Diskussion.

Starke Charaktere – menschlich, zweifelnd, glaubwürdig

Die Figuren des Romans sind einfühlsam und vielschichtig gezeichnet. Da ist Anna, Lenas Mutter, die zwischen medizinischem Druck und mütterlicher Intuition hin- und hergerissen ist. Dr. Jonas Voss, der engagierte Intensivmediziner, der das gängige System in Frage stellt. Maja Köhler, Juristin und Lenas Tante, die sich in einem emotionalen und moralischen Dilemma wiederfindet. Und zwischen all den Spannungen entsteht eine leise Liebesgeschichte, die zeigt: Auch inmitten existenzieller Fragen bleibt Menschlichkeit möglich.

Ein Buch, das Mut macht – und zum Denken anregt

Herzschlag stellt unbequeme Fragen, zeigt gesellschaftliche und medizinische Grauzonen auf und fordert die Leser:innen auf, sich eine eigene Haltung zu bilden. Die Erzählung ist nah am Menschen, nah am Puls der Zeit – und dabei literarisch überzeugend und stilistisch feinfühlig.

Fazit:

Ein literarisch starkes, inhaltlich dichtes und gesellschaftlich hochrelevantes Werk, das neue Maßstäbe setzt – durch seine digitale Verknüpfung mit Originalquellen, durch seine Einbindung realer politischer Debatten und durch die intensive Auseinandersetzung mit Leben, Tod und Würde. Pflichtlektüre für alle, die sich für Medizinethik, Politik, Rehabilitationsfragen und unsere Haltung zum menschlichen Leben interessieren.

Bezugsquelle: Lachesis-Verlag




Herztod im Schafspelz: Der schleichende Umbau des Todesbegriff

Kritischer Bericht zur Antwort der Bundesregierung zur Organspende (BT-Drs. 20/15149)

Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage vom März 2025 zum Thema Organspende offenbart gravierende Mängel in Transparenz, Argumentation und faktenbasierter Bewertung. Während das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erneut betont, dass der irreversible Hirnfunktionsausfall zwingende Voraussetzung für eine postmortale Organspende sei, bleibt die Regierung eine differenzierte und ehrliche Auseinandersetzung mit der Thematik schuldig. Die Unkenntnis, die in Teilen der Antwort behauptet wird, erscheint nicht als tatsächliches Nichtwissen – sie wirkt vielmehr wie eine gezielte Irreführung sowohl gegenüber den Fragestellern als auch, weit schwerwiegender, gegenüber dem Souverän, der Bevölkerung.

Bezeichnend dazu ist bereits der Umgang mit der ersten Frage der Anfrage:

1. Liegen der Bundesregierung Untersuchungen oder Studien vor, aus denen hervorgeht, dass die Einführung einer Widerspruchsregelung nachweislich kausal zu einer Erhöhung der Organspendenzahlen führt, und wenn ja, welche?

Die Antwort verweist auf Studien zu Großbritannien, den Niederlanden und Schottland, die „positive Entwicklungen“ bei Organspenderzahlen feststellen würden, relativiert aber gleichzeitig deren Aussagekraft, da „Unterschiede in den Organspenderaten multifaktoriell“ seien und „Vergleichs- und Langzeitstudien nur bedingt aussagekräftig“ seien. Diese rhetorische Doppelstrategie ist irreführend: Einerseits werden Studien als Beleg zitiert, andererseits werden sie sofort entwertet – eine klassische Argumentation ohne Substanz.

Großbritannien (England)

Die Widerspruchsregelung wurde dort im Mai 2020 eingeführt. Laut dem NHS Blood and Transplant Report 2022/23 gab es in England 1.429 postmortale Organspender – nahezu identisch mit den 1.441 Spendern im Jahr 2019/20, also vor der Einführung. In den Jahren unmittelbar nach der Umstellung war teilweise sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Ein klarer Anstieg der Spenderzahlen lässt sich nicht erkennen – die erwartete Wirkung der Widerspruchsregelung blieb aus.

Schottland

Hier trat die Widerspruchsregelung im März 2021 in Kraft. Im ersten Jahr danach (2021/22) ging die Zahl der Organspender leicht zurück. Erst im Folgejahr (2022/23) gab es eine moderate Steigerung – allerdings lag diese weiterhin unter dem Niveau anderer britischer Regionen ohne Widerspruchsregelung. Auch hier wird deutlich: Die Gesetzesänderung allein bewirkt keine signifikante Zunahme, wenn sie nicht von weiteren Maßnahmen wie verbesserter Aufklärung, struktureller Optimierung und Vertrauensbildung begleitet wird.

Niederlande

Die Niederlande führten die Widerspruchsregelung („Act Active Donor Registration“) im Juli 2020 ein. Seitdem gilt jeder Bürger automatisch als Organspender, sofern er nicht aktiv widerspricht oder eine andere Entscheidung dokumentiert. Die Einführung wurde begleitet von intensiver medialer und politischer Debatte – sowie einer groß angelegten Informationskampagne.

Ein Blick auf die Spenderstatistik zeigt zunächst einen scheinbaren Erfolg: Laut Eurotransplant stiegen die Spendenzahlen von 14,4 Spendern pro Million Einwohner (pmp) im Jahr 2020 auf 20,1 pmp im Jahr 2024 – ein Anstieg, der auf den ersten Blick die Wirksamkeit der Widerspruchsregelung nahelegt. Doch dieser Eindruck täuscht.

Denn in den Niederlanden existieren – wie in den meisten europäischen Ländern – zwei verschiedene Todesdefinitionen:
– DBD (Donor after Brain Death) – Spende nach Hirntod
– DCD (Donor after Circulatory Death) – Spende nach Herz-Kreislauf-Stillstand (nach 5–10 Minuten ohne Herzschlag)

Schaubild 2 zeigt die Gesamtsumme, die sich aus DBD und DCD zusammensetzt. Die hohe Zahl von 20,1 pmp im Jahr 2024 ergibt sich vor allem durch den massiven Anstieg der DCD-Spenden – einer Praxis, die in Deutschland noch nicht erlaubt ist. Allerdings wurde die DCD bereits bei der Diskussion um die Cross-over-Spende,als weitere Möglichkeit mehr Organe zu gewinnen, eingebracht.

Bemerkenswert ist zudem, dass in den Niederlanden auch Organspenden nach aktiver Euthanasie zur Transplantation zugelassen sind.

Geht man davon aus, dass in Deutschland dieselben Bedingungen herrschten wie in den Niederlanden – also die Zulassung von Organspenden nach Hirntod (DBD), nach Herzstillstand (DCD) sowie nach Euthanasie –, würden auch hier vergleichbar hohe Spenderzahlen erreicht werden.

Jahr

Niederlande
(DBD)

Niederlande
(DCD)

Niederlande
(Euthanasie)

Gesamt NL

Deutschland
(nur DBD)

Deutschland
(DBD u.DCD)

2020

5,75 pmp

7,82 pmp

0,63 pmp

14,2 pmp

10,7 pmp

15,18

pmp

2024

6,98 pmp

11,34 pmp

1,79 pmp

20,1 pmp

10,9 pmp

19,50

pmp

Die Einführung der Widerspruchsregelung allein wird jedoch keine signifikanten Zuwächse bringen, denn sie erhöht nicht die Zahl der Patienten, die in den Hirntod fallen.

Die in anderen europäischen Ländern teilweise hohen Spenderzahlen resultieren vor allem daraus, dass die Spenderbasis dort auf einen erheblich erweiterten Krankheits- und Todespool ausgedehnt wurde – auf Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand. Und genau dies ist der eigentliche Hintergrund der politischen Bemühungen um die Widerspruchsregelung: Die schrittweise Vorbereitung auf eine Ausweitung der Todesdefinition – hin zum Herz-Kreislauf-Tod.

Die Antwort der Bundesregierung ist kein Ausdruck wissenschaftlich fundierter Gesundheitspolitik, sondern ein Versuch, durch unklare und widersprüchliche Aussagen eine politisch gewünschte Position zu stützen. Die tatsächliche Wirkung der Widerspruchsregelung auf die Spenderzahlen wird weder belegt noch sachlich analysiert. Stattdessen erleben wir eine Rhetorik der Schein-Begründungen – ein fragwürdiger Umgang mit einem hochsensiblen Thema, das Leben und Tod betrifft.

Quellen:

Kleine Anfrage: Umsetzung des Transplantationsgesetzes https://dserver.bundestag.de/btd/20/150/2015095.pdf

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage https://dserver.bundestag.de/btd/20/151/2015149.pdf

Statistik von Eurotransplant: https://statistics.eurotransplant.org/?utm_source=chatgpt.com, 17.04.2025




Drei Jahrzehnte gelebte Selbsthilfe – ceres Stuttgart feiert 30-jähriges Bestehen

Vom Versorgungsnotstand zur Selbsthilfebewegung

30 Jahre Selbsthilfearbeit – Laudatio für Ingrid Pramberger durch Karl-Eugen Siegel, Landesverband Baden-Württemberg

Am Samstag, den 29. März 2025, feierte ceres Stuttgart e.V. sein 30-jähriges Bestehen in der Sparkassenakademie Stuttgart. Zahlreiche Mitglieder, Freunde und Wegbegleiter waren der Einladung gefolgt, um dieses besondere Jubiläum zu würdigen.

Karl-Eugen Siegel, Mitinitiator von ceres Stuttgart, gab einen eindrucksvollen Rückblick auf drei Jahrzehnte engagierter Selbsthilfearbeit. Er erinnerte daran, wie der Verein im Jahr 1995 gegründet wurde – als direkte Reaktion auf die schwere Hirnverletzung von Suse L., die bei einer sportlichen Betätigung verunglückte. Damals war die Versorgungslage für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen katastrophal. Die erst entstandenen Rehakliniken nahmen kaum schwerstbetroffene Patienten auf, und spezielle Pflegeeinrichtungen gab es nicht. Der Verein machte es sich zur Aufgabe, diese Lücke zu schließen.

Bereits im Folgejahr, 1996, konnte der Selbsthilfeverein in Kooperation mit ceres Sindelfingen das neurologische Therapiezentrum mit initiieren. 1997 folgte ein weiteres Zentrum in der Diakonie Stetten. In diesem Jahr wurde auch ein Nottelefon eingerichtet, das bis heute vielen Betroffenen und Angehörigen als erste Anlaufstelle dient. 1998 gründeten Mitglieder des Vereins die Gabriele Siegel Stiftung, um bundesweite Projekte besser fördern zu können.

Im Mai 1999 wurde der Bundesverband SHV e.V. gegründet, dessen Vorstand sich aus Mitgliedern von ceres Stuttgart zusammensetzte. Im selben Jahr entstand in Kooperation mit anderen Gruppen die erste gemeinnützige Integrationsfirma für Menschen mit Schädel-Hirnverletzungen in Ludwigshafen. Die Ausstellung „Brückenschlag“, die im Jahr 2000 in Stuttgart stattfand, präsentierte Werke von Betroffenen und zeigte eindrucksvoll, welches kreative Potenzial trotz schwerer Einschränkungen bestehen kann.

2001 führte die Gabriele Siegel Stiftung die internationale Woche des Gehirns in Deutschland ein – ein Impuls, der bis heute in zahlreichen Veranstaltungen, Vorträgen und Workshops aufgegriffen wird. Bereits 2002 entstand das Projekt „Leben im Heim“, das gezielt Menschen unterstützt, die nach einer Hirnschädigung in Pflegeeinrichtungen leben müssen. Dieses soll nach der Initiatorin Ingrid Pramberger auch weitergeführt werden. Im selben Jahr wurde die große Ausstellung „Das gläserne Gehirn“ im Stuttgarter Hauptbahnhof gezeigt – ein Projekt zur 50 Jahrfeier des Landes Baden-Württemberg, das in Kooperation mit der Firma Bosch Rexroth realisiert wurde und breite öffentliche Aufmerksamkeit erlangte.

Im Jahr 2008 fusionierte der SHV e.V. mit dem FORUM GEHIRN e.V.  zum Bundesverband SHV-FORUM GEHIRN e.V..  2009 folgte ein großer gemeinsamer Ausflug von Betroffenen nach Berlin, der deutlich machte, wie wichtig soziale Teilhabe auch nach schwerer Erkrankung ist. In diesem Jahr ging auch das mobile Ausstellungsprojekt „Erlebe Deine Sinne“ an den Start, das bis heute in ganz Süddeutschland zum Einsatz kommt. 2011 eröffnete der Verein die Praxis „Dr. Selbst“, die mit Workshops, Seminaren und meditativen Wanderungen neue Wege in der Gesundheitsförderung ging. Ab 2012 und bis zur Corona-Krise organisierte ceres Stuttgart jährlich Treffen mit anderen Selbsthilfegruppen – ein Austausch, der nicht nur fachlich, sondern auch menschlich bereichernd war. Bis heute finden monatliche Treffs bei Kiss Stuttgart statt, die ganz neu, durch die Zuschaltung zu einer Hybridveranstaltung werden. Zusätzlich werden immer öfters Zoom-Sitzungen angeboten und durchgeführt.

Im Rahmen des Jubiläums stellte Karl-Eugen Siegel auch das eigens entwickelte Spiel „Weg der Erinnerung“ vor. Das Spiel greift die neurologische Rehabilitation in sechs Phasen von A bis F auf und simuliert mit Würfeln und Aktionskarten den Weg durch Therapieeinheiten, Alltagssituationen und Rückschläge – ganz wie im echten Leben. Als besonderes Geschenk erhielten alle Gäste ein Exemplar dieses Spiels als Andenken an das außergewöhnliche Bestehen einer Selbsthilfegruppe, die über drei Jahrzehnte hinweg aktiv geblieben ist.

Der emotionale Höhepunkt der Veranstaltung war die Ehrung von Ingrid Pramberger, die seit der Gründung die Selbsthilfegruppe begleitet und seit 1999 als erste Vorsitzende von ceres Stuttgart tätig war. Karl-Eugen Siegel, heute Vorsitzender des Landesverbands SHV-FORUM GEHIRN e.V. Baden-Württemberg, überreichte ihr feierlich die Urkunde zur Ehrenmitgliedschaft – ein sichtbares Zeichen der Anerkennung für ihre jahrzehntelange, unermüdliche Arbeit.

Das 30-jährige Jubiläum von ceres Stuttgart e.V. war mehr als eine Feier – es war ein lebendiges Zeugnis dessen, was Selbsthilfe leisten kann: echte Veränderung, echte Solidarität, echte Hoffnung.

Wir danken auch der AOK Baden-Württemberg ganz herzlich für die Projektförderung, ohne die die Umsetzung dieser Projekte nicht möglich gewesen wäre

 




Deutschlands geheime Waffe in der Landesverteidigung

Ein Aufruf an den milliardenschweren Kanzler in spe, uns als Behinderte sowohl bei der Landesverteidigung als auch beim Sondervermögen zu bedenken. Wo gibt es die Antragsformulare für das Sondervermögen?

In Zeiten, in denen Deutschland seine Verteidigungsstrategien überdenkt und erweitert, frage ich mich als Rollstuhlfahrer mit Zuggerät: Wie kann ich zur Mobilmachung beitragen?

Während die Bundeswehr über die Wiedereinführung der Wehrpflicht nachdenkt und Frankreich anbietet, Atom-Bomber in Deutschland zu stationieren, könnte meine Mobilisierung als Rollstuhlfahrer mit Zuggerät der Schlüssel zu einer unkonventionellen Verteidigungsstrategie sein.

Die unsichtbare Flotte der Rollstuhlfahrer

Stellen Sie sich vor, eine Armee von Rollstuhlfahrern mit Zuggerät rollt entschlossen über das Schlachtfeld. Mit Geschwindigkeiten, die selbst Panzer vor Neid erblassen lassen, könnten wir feindliche Linien durchbrechen und für Verwirrung sorgen. Unsere Wendigkeit und Anpassungsfähigkeit machen uns zu idealen Kandidaten für Überraschungsangriffe und Guerillataktiken.

Inklusion als Geheimwaffe

Die Bundeswehr selbst hat bereits erkannt, dass Vielfalt Stärke bedeutet. Mit über 9.500 Menschen mit Behinderung in ihren Reihen, von denen mehr als 1.300 Uniform tragen, zeigt sie, dass Inklusion nicht nur ein gesellschaftliches Ziel, sondern auch ein strategischer Vorteil ist.

Die modernen Streitwagen

Die modernen Zuggeräte von Rollstuhlfahrern könnten als mobile Waffenplattformen dienen. Ausgestattet mit High-Tech-Gadgets könnten sie Kommunikationszentralen, mobile Sanitätseinheiten oder sogar Drohnensteuerzentralen werden. Die Möglichkeiten sind so vielfältig wie die Behinderungen selbst.

Fazit: Rollstuhlfahrer an die Front!

In einer Zeit, in der traditionelle Militärstrategien hinterfragt werden, könnte die Einbindung von Rollstuhlfahrern mit Zuggerät der entscheidende Vorteil sein, den Deutschland braucht. Unsere Mobilität, Anpassungsfähigkeit und der unerschütterliche Wille, Barrieren zu überwinden, machen uns zu unverzichtbaren Akteuren in der modernen Kriegsführung.

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist ironisch gemeint und soll nicht nur zum Nachdenken über die Rolle von Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft anregen, sondern auch verhindern, dass wir kriegsbedingt tausende von Kolleginnen und Kollegen bekommen. Krieg ist keine Lösung, und der Einsatz von Menschen sollte stets dem Frieden dienen. Inklusion statt Krieg!




Nie wieder hirnverletzte Krieger – Ein Aufruf zur Vernunft

Bild: Wilhelm Böhm, Public domain, via Wikimedia Commons

Wofür brauchen wir Milliarden für den Krieg?

CDU-Chef Friedrich Merz fordert: „Was auch immer es braucht“ – doch wofür? Milliarden für Aufrüstung sind selbstverständlich, doch für die Versorgung von hirnverletzten Menschen fehlt das Geld.

Ich frage Sie, Herr Fastkanzler Merz: Wie viele Milliarden haben Sie für die neurologische Rehabilitation eingeplant?

Krieg bringt Leid, nicht Sicherheit. Wir brauchen keine hirnverletzten Krieger. Schon heute fehlt es an adäquater Versorgung.

„Was auch immer es braucht“ – JA, aber für den Frieden.

Den ausführlichen Aufruf finden Sie hier: [LINK]

Karl-Eugen Siegel, Vorsitzender des SHV-FORUM GEHIRN e.V. Baden-Württemberg

 

Quelle: Tagesschau, 05.03.2025 23:19 Uhr,  https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/union-spd-sondierungen-finanzen-100.html

Bild: wikipedia/commons/0/09/Wir_rufen_Sie_zur_Hilfe.jpg, Wilhelm Böhm, Public domain, via Wikimedia Commons