Neurologische Frührehabilitation (Phase B) in Bayern: Ein umfassendes Versorgungskonzept

Auszug aus dem neurologischen Phasenmodell der BAR

 

Die neurologische Frührehabilitation (Phase B) ist gesetzlich der akutstationären Versorgung zugeordnet und bildet eine entscheidende Phase im Genesungsprozess von Patienten mit schweren Nervenschädigungen. In Bayern gibt es hierfür ein etabliertes Phasenmodell. Laut Bayerischem Gesundheitsministerium existieren im Freistaat 30 Spezialeinrichtungen mit über 1.300 Betten, die alle Phasen der neurologischen Rehabilitation unter einem Dach vereinen. Dr. Ann-Kristin Stenger, Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Privatkrankenanstalten in Bayern (VPKA), betont die Bedeutung dieser Einrichtungen.

Ein bewährtes Versorgungskonzept seit den 1980er Jahren

„Bayern hat bereits in den 1980er Jahren eine spezielle Versorgungskonzeption für Patienten mit schweren Nervenschädigungen entwickelt, zum Beispiel nach Schädel-Hirn-Traumata oder Hirnblutungen. Das Konzept vereint alle Phasen der neurologischen Rehabilitation unter einem Dach. Die Frührehabilitation der Phase B erfolgt häufig in Fachkliniken, die auch die weiteren Rehabilitationsphasen abdecken“, erklärt Dr. Stenger.

Vorteile eines nahtlosen Übergangs

Dr. Stenger hebt hervor, dass schwer beeinträchtigte Patienten direkt vom Krankenhaus in die Frühreha Phase B übergehen können. „Ein frühzeitiger Therapiebeginn wirkt sich nachweislich positiv auf den Heilungserfolg aus.“ In dieser Phase ist oft eine intensive medizinische Versorgung notwendig, die spezialisierte Fachkliniken bieten können.

Entlastung der Akutkrankenhäuser und kontinuierliche Versorgung

„Diese Fachkliniken entlasten die Akutkrankenhäuser schnell, indem sie betreuungsintensive Patienten übernehmen. Die Patienten profitieren von der fachspezifischen Expertise und einem nahtlosen Übergang in die weiteren Rehabilitationsphasen“, sagt Michael Strobach. „Die zeitraubende und oft frustrierende Suche nach einem Folge-Reha-Platz entfällt, ebenso wie die damit verbundene Wartezeit und der anstrengende Wechsel in eine andere Einrichtung.“

Flexibilität und Effizienz im Behandlungsverlauf

Das bayerische Phasenmodell ermöglicht es, Patienten direkt in der passenden Rehabilitationsphase zu versorgen. Dies schließt Versorgungslücken und verbessert die Heilungschancen. Dr. Stenger betont, dass die Zuteilung der Patienten in die jeweils notwendige Phase die optimale Behandlung gewährleistet.

Warnung vor Klinikschließungen

Dr. Stenger warnt jedoch vor den Folgen des aktuellen Kliniksterbens und der geplanten Krankenhausreform: „Die Zahl solcher Fachkliniken sinkt. Diese Einrichtungen sind enorm wichtig für die Versorgung der Bevölkerung und dürfen nicht verloren gehen.“




„Wenn Mama plötzlich die Worte fehlen – Familienalltag mit Aphasie“

Ratgeber für Familien und Bezugspersonen von Aphasie Betroffenen

Eine Aphasie beeinträchtigt das Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben und bedeutet übersetzt „Verlust der Sprache“. Diese Störung kann das Leben der Betroffenen und ihrer Familien erheblich verändern. Um Familien und andere Bezugspersonen im nahen Umfeld von Aphasie Betroffenen mit hilfreichem Wissen und praktischen Erfahrungen zu unterstützen, haben der Bayerische Landesverband für die Rehabilitation der Aphasiker (BLRA) e. V. und der Mehr Zeit für Kinder e. V. die Publikation „Wenn Mama plötzlich die Worte fehlen – Familienalltag mit Aphasie“ herausgebracht.

Im ersten Teil des Buches wird eine Kindergeschichte erzählt, die den Alltag von Erwachsenen mit Aphasie schildert. Diese Geschichte verdeutlicht die klassischen Herausforderungen im Umgang mit dem Krankheitsbild: Was löst eine Aphasie aus? Wie sieht ein Leben mit Aphasie aus? Die Geschichte zeigt auf einfühlsame Weise, dass die Betroffenen nicht allein mit ihren Sorgen, Fragen und Ängsten sind.

Der zweite Teil des Buches richtet sich an Erwachsene. Neben grundlegenden Informationen zum Krankheitsbild Aphasie wird ein Einblick in die wichtige Arbeit von Selbsthilfegruppen sowie in die Lebenswelt betroffener Familien gegeben. Dieser Abschnitt soll das Verständnis für die Situation der Betroffenen vertiefen und praktische Tipps für den Alltag bieten.

Herausgegeben wurde das Buch von Mehr Zeit für Kinder e. V., 2023. Es umfasst 36 Seiten, ist in Hardcover gebunden und farbig illustriert. Das Buch kann kostenfrei über den Mehr Zeit für Kinder e. V. bestellt werden. Interessenten können sich telefonisch unter der Nummer 069 15 68 96-0 oder per E-Mail an info@mzfk.de melden.

Diese Publikation ist ein wertvolles Hilfsmittel für Familien und Bezugspersonen, die lernen möchten, wie sie mit der Herausforderung einer Aphasie umgehen und ihre Angehörigen bestmöglich unterstützen können.




Neumarkter Tagblatt berichtet: „Wie in einer Rüstung aus Stein“

K.E.Siegel bei der Lesung „Lebendig eingemauert“ (Ulrich Jaeger)

In dem Artikel „Wie in einer Rüstung aus Stein“ des Neumarkter Tagblatt (Mittelbayerische Zeitung) wird beschrieben, wie Pflege-Azubis in Neumarkt, in einem inspirierenden Lernmoment tiefe Einblicke in das seltene Locked-In-Syndrom erhielten. Karl-Eugen Siegel, der in Bayern noch weitere Selbsthilfegruppen für Hirngeschädigte initiieren möchte, teilte die Erfahrungen seines Freundes Friedemann Knoop, der in diesem LIS-Zustand eineinhalb Jahre war, den Pflegeschülern mit. Durch diese Geschichte eines Betroffenen und praktische Übungen lernten sie die Herausforderungen und das innere Erleben von Menschen mit diesem Zustand besser verstehen. Diese Erfahrung unterstreicht die Bedeutung von Empathie und Aufmerksamkeit im Pflegeberuf, besonders im Umgang mit schwerst hirngeschädigten Patienten.

Zu diesem ausführlichen und guten Artikel von Dagmar Fuhrmann ergänzt unser Mitglied Ulrich Jaeger in seinem Leserbrief (Quellenangabe: „Neumarkter Tagblatt 21. März 2024„) wie folgt:

Schreckliche Krankheit: im Körper gefangen

Zu unserem Artikel „Wie in einer Rüstung aus Stein“ von Dagmar Fuhrmann in der Tagblatt-Ausgabe vom 16. März hat die Redaktion folgende Zuschrift erreicht:

Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel über den Vortrag für die Auszubildenden der Neumarkter Akademie für Gesundheitsberufe gGmbH gelesen. Auch ich als Betreuer einer Wachkoma-Patientin war bei der Veranstaltung anwesend und war von dem Vortrag von Karl-Eugen Siegel vom SelbstHilfeVerband – Forum Gehirn beeindruckt.
Er berichtete über die schreckliche Krankheit „Locked-in Syndrom“ (LIS). LIS bedeutet, dass der Betroffene geistig zwar „da“ ist, aber sich weder äußern noch anderweitig verständlich machen kann. Er ist in seinem Körper gefangen.
Der gesamte Körper ist gelähmt. Sprechen und Schlucken sind nicht möglich. Das Locked-in Syndrom kann als Folge eines Schlaganfalls auftreten. Früher wurden Patienten mit Locked-in Syndrom als Körper ohne Emotionen behandelt. Ein schrecklicher Irrtum. Durch andauernde und intensive Behandlung können erstaunliche Erfolge bei LIS-Patienten erzielt werden.
Der SelbstHilfeVerband – Forum Gehirn (www.shv-forum-gehirn.de) ist ein bundesweiter Verein, der Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen und deren Angehörigen unterstützt. Außerdem positioniert sich der gemeinnützige Verein zu den Problemen und Themen aus Medizin, Rehabilitation, Therapie, Pflege und Soziales.
Hauptanliegen des Vereins ist es, Informationen aus den Aktivitäten und den eigenen Erfahrungen an die Betroffenen zu vermitteln und Hilfe zur Selbsthilfe zu unterstützen.

 

Knoops Buch „Lebendig eingemauert“ gibt Einblick in sein Leben mit LiS. Nähere Beschreibung und Bezugsquelle hier!




Angehörigenseminar im Therapiezentrum Burgau

Wir laden Sie herzlich zum Angehörigenseminar für Pflege und Förderung von Menschen mit Hirnschädigung ein, das am 13. und 14. April 2024 im Therapiezentrum Burgau stattfindet. Dieses Seminar bietet eine einzigartige Gelegenheit, sich sowohl theoretisch als auch praktisch mit den spezifischen Pflegeanforderungen und Förderungsmöglichkeiten für Menschen im Koma auseinanderzusetzen. Mit Fokus auf professionelle Techniken wie das Affolter-Modell, das Bobath-Konzept und den FOTT-Ansatz, zielt dieses Seminar darauf ab, die Wahrnehmung der Betroffenen zu stimulieren und den Transfer sowie die alltägliche Pflege zu erleichtern.

Wir freuen uns, dieses Angebot dank der Förderung durch die BKK für unsere Mitglieder kostenlos anbieten zu können, wobei lediglich Fahrtkosten für die Teilnehmer anfallen.

Melden Sie sich bitte verbindlich in unserer Geschäftsstelle an!

Nutzen Sie diese Chance, um Ihre Fähigkeiten zu erweitern und die Pflegequalität für Ihre Angehörigen zu verbessern. Wir freuen uns darauf, Sie in Burgau willkommen zu heißen und sind überzeugt, dass dieses Seminar eine wertvolle Bereicherung für Sie sein wird.

Für weitere Informationen können Sie das vollständige Programm als PDF-Datei hier einsehen.

Wenn das Gehirn Schaden nimmt:

07321 / 53 06 856

Die Adresse für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen und deren Angehörige:

Bahnhofplatz 6, 89518 Heidenheim
info@shv-forum-gehirn.de




brainWEEK 2024, dieses Jahr in Bayern!

 

Die brainWEEK, eine weltweite Initiative zur Förderung des öffentlichen Bewusstseins für die Bedeutung der Gehirnforschung und der Gehirngesundheit, findet jedes Jahr Mitte März statt. In diesem Jahr sind die Veranstaltungen in Bayern, genauer gesagt in Neumarkt.

Das Klinikum Neumarkt und die Neumarkter Akademie für Gesundheitsberufe sind maßgeblich an den Aktivitäten beteiligt. Unter dem Motto „Selbsthilfe für ein selbstbestimmtes Leben“ stehen verschiedene Veranstaltungen im Mittelpunkt, darunter ein Online-Seminar am 11. März und eine Aufklärungsveranstaltung am 14. März. Dabei wird insbesondere die Frage beleuchtet, welche Rolle Selbsthilfe für ein eigenständiges Leben spielt.

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen und mehr über das Thema Gehirngesundheit zu erfahren. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite www.brainweek.de.




Bayern entdeckt das behinderten Wählerpotential!

Translator

 

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„Wie man sieht, geht die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention doch – Wenn die Verantwortlichen wollen! Warum nur während der Wahlen und nicht auch danach?“ fragen sich viele Betroffene.

Am 8. Oktober 2023 stehen in Bayern wichtige Wahlen an: Der Landtag und die Bezirke werden neu gewählt. Über 9,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger haben das Recht und die Pflicht, ihre Stimme abzugeben und damit aktiv an unserer Demokratie teilzunehmen.

Bayerns Sozialministerin, Ulrike Scharf, betont die Priorität der Barrierefreiheit bei diesen Wahlen. Sie erklärt: „Barrierefreiheit ist eine Daueraufgabe für den Freistaat Bayern und hat für mich Priorität. Wahlen für Menschen mit Behinderung müssen eine Selbstverständlichkeit sein! Alle Wahlberechtigten müssen per Briefwahl oder direkt im Wahllokal vor Ort die Möglichkeit haben, ihre Stimme abzugeben. Jede Stimme ist wichtig! Barrierefreiheit ermöglicht individuelle Freiheit und Teilhabe – ohne Barrieren kann jeder und jede das eigene Leben selbstbestimmt gestalten! Dazu zählt insbesondere auch die Freiheit, eigenbestimmt zu wählen. Das Wahlrecht ist die tragende Säule unserer Demokratie!“

Auch Bayerns Innenminister, Joachim Herrmann, unterstreicht das Ziel, Wahlen für Menschen mit Behinderung barrierefrei zu gestalten. Er erklärt: „Wir verfolgen gemeinsam das Ziel, Wahlen für Menschen mit Behinderung barrierefrei zu gestalten. Das Wahlrecht enthält eine Reihe von Bestimmungen, die Wahlberechtigten mit einer Behinderung das Wählen ermöglichen und erleichtern sollen. So sollen beispielsweise die Gemeinden die Abstimmungsräume nach den örtlichen Verhältnissen so auswählen und einrichten, dass allen Stimmberechtigten, insbesondere Menschen mit Behinderung und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird. Außerdem können sich Stimmberechtigte, die wegen einer Behinderung an der Abgabe ihrer Stimme gehindert sind, von einer anderen Person helfen lassen.“

Damit alle Bürgerinnen und Bürger bestens informiert sind, bietet die Webseite www.deinewahl.bayern.de umfangreiche barrierefreie Informationen rund um die Landtags- und Bezirkswahlen. Dort finden Sie häufig gestellte Fragen (FAQs) in Leichter Sprache, die Möglichkeit, sich den Text vorlesen zu lassen, und Videos in Gebärdensprache. Zusätzlich werden die wichtigsten Informationen in Kürze auch als animierte Kurzvideos mit Untertiteln, Audiodeskriptionen und Gebärdensprache auf der Webseite verfügbar sein.




Bayerns Gesundheitsminister Holetschek: Innovationen für die ambulante Pflege dringend notwendig

Bild von Moondance auf Pixabay

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat sich dafür ausgesprochen, die Rahmenbedingungen in der ambulanten Pflege zu verbessern. Bei der Vorstellung eines Gutachtens zur „Fortentwicklung der Rahmenbedingungen ambulanter Pflegedienste“, das im Auftrag des bayerischen Gesundheitsministeriums durchgeführt wurde, betonte Holetschek die drängenden Herausforderungen, vor denen die Pflegebranche insgesamt und insbesondere die ambulante Pflege stehen.

Die steigende Anzahl pflegebedürftiger Menschen erfordert nach Ansicht des Ministers innovative Ideen und Anpassungen, um den künftigen Anforderungen gerecht zu werden. Das Gutachten, umgesetzt von der Hochschule Kempten, basiert auf 28 Experteninterviews und der Begleitung von Pflegekräften in sieben teilnehmenden Pflegediensten. Die zentrale Frage lautete: Wie können ambulante Pflegedienste unter den bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen Verbesserungen für Mitarbeiter und Pflegebedürftige erzielen?

Das Gutachten hebt beispielsweise die Vorteile einer zeitbezogenen Abrechnung hervor. Diese ermöglicht es Pflegekräften, bedürfnisorientierter und eigenständiger zu arbeiten und individuelle Absprachen mit den Pflegebedürftigen zu treffen. Der Bedarf des Pflegebedürftigen von heute steht im Vordergrund, anstatt auf Plänen von gestern zu basieren. Ein Handlungsleitfaden, der auf den praktischen Erfahrungen der Pflegedienste basiert, gibt Hinweise, wie angemessene Stundensätze verhandelt werden können.

Holetschek regte an, dass Pflegeeinrichtungen und Kostenträger den bestehenden Spielraum für Verhandlungen zugunsten der Pflegebedürftigen und Pflegekräfte nutzen sollten.

Das Gutachten hat wichtige Erkenntnisse geliefert, die in die „Förderrichtlinie Gute Pflege in Bayern – GutePflegeFöR“ einfließen sollen, die diesen Herbst bekannt gegeben wird. Für diese Initiative sind bereits 20 Millionen Euro im Haushalt eingeplant. Ziel ist es, Modellprojekte zur innovativen Weiterentwicklung der ambulanten Versorgung zu fördern.

Bayerns Strategie „Gute Pflege. Daheim in Bayern“ wird durch die Schaffung von Kurzzeit-, Tages-, Nachtpflegeplätzen und Begegnungsstätten unterstützt. Auch die Etablierung einer bayernweiten Börse für pflegerische Angebote und die Unterstützung kleiner pflegerischer Angebote in ambulant betreuten Wohngemeinschaften werden angestrebt.

Das bayerische Förderprogramm „PflegesoNah“ hat in den letzten drei Jahren bereits über 4.000 Pflegeplätze mit rund 200 Millionen Euro unterstützt. In den nächsten fünf Jahren soll diese Zahl verdoppelt werden.

Holetschek betonte abschließend die Bedeutung guter Arbeitsbedingungen in der Pflege und rief dazu auf, die Rahmenbedingungen zu verbessern und mehr Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern, um das System zu stärken. Bund, Länder, Kommunen, Träger und Verbände sind gleichermaßen gefordert, diesen Wandel voranzutreiben.

Das Gutachten und der Handlungsleitfaden sind auf der Website des bayerischen Gesundheitsministeriums verfügbar: Link zur Pressemitteilung.




50 Jahre LAG Selbsthilfe Bayern e.V.

Vertreter der ca. 110 Landesverbände in Bayern auf der Jubiläumsveranstaltung (Ganz rechts, Karl-Eugen Siegel, Landesverband SHV – Bayern)

Christian Seuß, stellvert. Vorsitzender Foto: LAG Selbsthilfe Bayern e.V. / Robert Schopp

Am 18. November feierte die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Bayern e.V. ihr fünfzigjähriges Jubiläum.
Die Vertreter von knapp 110 Landesverbänden der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischen Erkrankungen und deren Angehörigen und viele weitere geladenen Gäste waren zu diesem Anlass im Senatsaal des bayerischen Landtages versammelt.

Christian Seuß, stellvertretende Vorsitzender der LAG und langjähriger Landesgeschäftsführer des bayerischen blinden und sehbehinderten Bundes e.V. führte professionell durch das Jubiläumsprogramm. Beeindruckend auch die Organisation, die sich besonders bei der Talkrunde, bei der sich mehrere Personen aus einzelnen Mitgliedsverbänden der LAG mit ihrer ganz persönlichen Geschichte vorstellten, zeigte. Der Blinde Seuß, saß zwischen den vier Interviewpartnern, auf dem Schoß sein Brailleschrift-Manuskript, und wusste genau, wo sich diese befanden, um mit ihnen „Augenkontakt“ zu halten.

Thomas Bannasch, Geschäftsführer Foto: LAG Selbsthilfe Bayern e.V. / Robert Schopp

Spannend und aufschlussreich war auch der Bericht von Geschäftsführer Thomas Bannasch, der die Geschichte der LAG Selbsthilfe in Bayern lebendig vortrug. Wenn zu Beginn Ilse Aigner, die Landtagspräsidentin in ihrem Grußwort zum 50. Jubiläum der LAG Selbsthilfe bescheinigte, dass die LAG zum Gelingen des „lebens- und liebenswerten Lebens in Bayern“ enormes beigetragen hat, so verwies Bannasch auf das immer noch geltende Motto der LAG: „Nicht über uns ohne uns!“ – Dies, so Bannasch müsse in Zukunft noch konkreter für ein barrierefreies Bayern umgesetzt werden.

Das Video zur Jubiläumsveranstaltung findet sich auf der neu gestalteten Website unter https://lag-selbsthilfe-bayern.de/.




Barrierefreiheit ist eine Daueraufgabe!

 

Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf gabt anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung ein klares Bekenntnis für Inklusion in Bayern ab: „Alle Menschen mit Behinderung gehören fest zu unserer Gesellschaft! Ich setze mich dafür ein, dass alle – ob mit oder ohne Behinderung – gemeinsam wohnen, lernen, arbeiten oder ihre Freizeit verbringen.“

Die Politik des Freistaats Bayern für Menschen mit Behinderung stellt die Würde, die Persönlichkeitsrechte und das persönliche Wohlergehen der behinderten Menschen in den Mittelpunkt. Stellvertretend für diese Haltung steht auch das Programm „Bayern barrierefrei“, das von einem eigenen Kabinettsausschuss eng begleitet wird. „Mit diesem Programm haben wir eine bedeutende soziale Aufgabe in Angriff genommen! Als Staatsregierung sind wir uns unserer Vorbildfunktion bewusst und haben bereits 935,4 Millionen Euro von 2015 bis 2022 investiert. Barrierefreiheit ist und bleibt aber eine Daueraufgabe!“, ergänzt Scharf.

Die Vereinten Nationen (UNO) haben am 3. Dezember 1993 zum ersten Mal den „Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung“ ausgerufen, um das Bewusstsein für die Belange von Menschen mit Behinderungen zu stärken.




Inklusives Wohnen in Bayern stärken

Holger Kiesel, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung und der Verein WOHN:SINN verkündeten am 18. November 2022 das gemeinsame Projekt „Inklusives Wohnen in Bayern stärken“

Inklusives Wohnen – also Menschen mit UND ohne Behinderung leben in gemeinsamen Wohnprojekten oder Wohngemeinschaften – ist laut Holger Kiesel, dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung eine besonders wichtige Voraussetzung für eine inklusive Gesellschaft, die es in Bayern noch besser zu verwirklichen und zu stärken gilt. Aus diesem Grund gibt es nun das gemeinsame Projekt mit dem Verein WOHN:SINN und der Aktion Mensch „Inklusives Wohnen in Bayern stärken“. Vorrangiges Ziel ist es, ein stabiles Netzwerk aufzubauen und in sechs Arbeitsgruppen Handlungsempfehlungen für Entscheidungsträger zu erarbeiten.
„Inklusives Wohnen ist für mich eine besondere Herzensangelegenheit. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir von den Erfahrungen der inklusiven Wohnprojekte in Bayern einiges lernen können und müssen. Gute und praktikable Lösungen müssen gefunden werden, um inklusives Wohnen als wirkliche Alternative vor allem zum stationären Wohnen für Menschen mit Behinderung zu etablieren. Mehr gezielte Beratung und ein tragfähiges Netzwerk sind für mich ganz wichtig, damit sich flächendeckend viele tolle Wohnprojekte entwickeln und entfalten können.“ so Holger Kiesel.
„Vorreiter wie der Münchner Verein Gemeinsam Leben Lernen oder die Genossenschaft WIR Wohnen Inklusiv Regensburg zeigen teilweise schon seit über 30 Jahren, wie ein selbstverständliches Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung funktionieren kann. Gemeinsam wollen wir nun das inklusive Wohnen in Bayern aus der Nische heben und in die Breite tragen.
Dafür wollen wir die richtigen Stellschrauben in Behindertenhilfe und Wohnungswesen finden und an ihnen drehen. Selbstbestimmtes Wohnen ist ein Menschenrecht und darf nicht an langen Wartelisten oder örtlichen Bedingungen scheitern.“, so Tobias Polsfuß, Geschäftsführer des Vereins WOHN:SINN – Bündnis für inklusives Wohnen.

Zum Hintergrund: Inklusives Wohnen ist seit Jahren eine zentrale Forderung der Menschen mit Behinderung. Bayernweit herrscht ein großer Mangel an bezahlbaren, rollstuhlgerechten (R-Wohnungen) und barrierefreien
Wohnungen. Insbesondere fehlt es an inklusivem, u.a. familienfreundlichem, Wohnraum, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam wohnen. Holger Kiesel hat bereits zu Beginn seiner Amtszeit 2019 inklusives Wohnen zu einem seiner Kernthemen gemacht. Mehr Informationen finden Sie auf www.wohnsinn.org/bayern und https://www.behindertenbeauftragter.bayern.de/aktivitaeten/projekte/.