Organspende durch Zwang? – Schwartze drängt auf Abstimmung vor Neuwahlen

Stefan Schwartze (SPD), der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, besuchte am 11.11.2024 den Virchow-Campus der Charité in Berlin, um mit Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane zu sprechen. Angesichts langer Wartezeiten von bis zu zehn Jahren setzt er sich für eine Widerspruchsregelung ein, nach der jede Person als Organspender gilt, sofern sie nicht aktiv widerspricht. Schwartze drängt auf eine Abstimmung vor den kommenden Neuwahlen, um „den Systemwechsel für das Warten so schnell wie möglich zu befürworten“. Bereits 220 Abgeordnete unterstützen den Entwurf (Quelle: aerzteblatt.de Montag 11.11.2024).

Natürlich hat jeder Mensch das Recht zu leben!“ Aber tatsächlich auch auf Kosten eines anderen Menschen?“ stellt Karl-Eugen Siegel in den Raum. „Auch wenn man heute nicht mehr über die Definition des Hirntodes diskutieren darf, so ist der Hirntode ein Sterbender und bei weitem keine Leiche!“ weiter „Deshalb ist es absolut illegal, ohne ausdrückliche Zustimmung diesem Sterbenden seine Organe zu entnehmen. Es ist, auch wenn wir bis heute noch nicht wissen, was diese Explantation im jeweiligen Menschen bewirkt, eine mehr als großzügige Spende.“ In diesem Zusammenhang verweist Siegel immer wieder auf seine vor 30 Jahren gemachte Äußerung (Quelle: K.E.Siegel/Wir durften nicht aufgeben): „Ich weiß nicht, was ich meiner Frau in den drei Monaten ihres Hirntodzustandes zugemutet habe.“ und aktualisiert: „Bis heute kann mir kein Transplantationsmediziner, kein Theologe, kein Ethiker und vor allem kein Politiker darauf antworten. Und daher bin ich absolut gegen eine Widerspruchslösung, die einen massiven Zwang darstellt.“

Siegel plant auf der Website des Landesverbands einen eigenen Themenblog zu dieser Problematik zu starten. Dieser könnte auch Bestandteil des 3. Deutschen Hirntages am 28. März 2025 in Stuttgart sein, bei dem über das Thema: „Ethik in der Medizin, Rehabilitation und in der (Gesundheits-)Politik “ kontrovers diskutiert werden soll.




Kritische Reflexion zur Organspende: Ehrliche Aufklärung über Hirntod erforderlich

Am 15. Dezember stimmte der Bundesrat einer Initiative von Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen zur Einführung der Widerspruchslösung für Organspenden zu. Diese Initiative zielt darauf ab, jeden automatisch als Organspender zu betrachten, es sei denn, es wird ausdrücklich widersprochen. Gesundheitsminister Manne Lucha sieht darin die Möglichkeit, die stagnierende Organspendenbereitschaft in Deutschland zu erhöhen.

„Die erneute Hervorhebung der Problematik der Spendenbereitschaft ist berechtigt“, so Karl-Eugen Siegel, stellvertretender Vorsitzender „doch es bedarf einer ehrlichen Aufklärung über den Hirntod, um eine informierte Entscheidung zu ermöglichen.“ Die derzeitige Zustimmungsregelung, so Minister Lucha, hat dazu geführt, dass in Baden-Württemberg nur bei 35 Prozent der Organspendefälle der Wille des Verstorbenen bekannt war. Nur 15 Prozent hatten schriftlich zugestimmt.
Siegel kommentiert: „Diese Zahlen unterstreichen die Notwendigkeit, nicht die Zustimmungsregelung zu ändern, sondern die Kommunikation über die Grundlagen der Organspende, also den Hirntod, zu führen. Ein transparenter und ehrlicher Diskurs über dieses Thema ist entscheidend, um das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen und sicherzustellen, dass sie gut informierte Entscheidungen treffen können. Eine bloße Gesetzesänderung allein wird nicht ausreichen, um die Organspendenbereitschaft nachhaltig zu steigern.“

Es ist wichtig zu betonen, dass die Idee, die die Politik mit der Widerspruchslösung verfolgt darauf gerichtet ist, nicht aufgeklärte Bevölkerungsteile per Gesetz automatisch zu Organspendern zu machen. Das dürfte sogar zu Beginn durchaus den gewünschten Zweck erfüllen.
Doch ein kritisches Bewusstsein und die Gewissheit, dass die Bevölkerung die notwendigen Informationen besitzt, sind essenziell für eine dauerhafte Lösung dieser ethischen Fragestellung. Die Bundesregierung sollte daher nicht zum x. Mal eine Gesetzesänderung vorantreiben, sondern endlich eine umfassende und ehrliche Aufklärungskampagne über den Hirntod initiieren.

Die Hoffnung auf einen positiven Wandel in der Organspendenkultur bleibt bestehen, jedoch erfordert dies mehr als nur eine gesetzliche Änderung. Eine offene und ehrliche Kommunikation ist der Schlüssel, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen und eine nachhaltige Verbesserung in der Organspendenbereitschaft zu erreichen.

Quellen:

sozialministerium.baden-wuerttemberg.de – Zustimmung für Einführung einer Widerspruchslösung bei…

zeit.de – Was Sie zur Organspende wissen sollten

Karl-Eugen Siegel, betreute 3 Monate seine hirntote Frau (potentielle Organspenderin) und sieht durch diese Erfahrungen, die medizinische Definition von Hirntot nicht als Tod des Menschen, allerdings als einen Zustand in dem bisher niemand wieder in ein bewusstes Leben zurückgekehrt ist, an.

Wer sich in diesem Bewusstsein zu einer Organentnahme bereit erklärt, sollte mit höchstem Respekt geachtet werden. Dieses ganz persönliche Geschenk kann und darf nicht als eine Selbstverständlichkeit oder gar als Zwang (Nötigung) eingefordert werden.