Inklusive Katastrophenvorsorge: Fortschritt – aber weiterhin blinde Flecken
Die Initiative Inklusive Katastrophenvorsorge begrüßt den neuen Entwurf des Landeskatastrophenschutzgesetzes (LKatSG) Baden-Württemberg, der in den kommenden Wochen im Landtag beraten wird. In § 1 des Entwurfs wird erstmals ausdrücklich festgehalten, dass „einzelne Personen oder Personengruppen in besonderer Weise Schutz und Hilfe benötigen und in ihrer Selbsthilfefähigkeit eingeschränkt sein können“ – ein entscheidender Schritt hin zu einem Katastrophenschutz, der alle Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten berücksichtigt.
Marc Groß, Landesgeschäftsführer des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg, betonte:
„Es geht jetzt hoffentlich nicht um Parteipolitik, sondern um den Schutz und die Sicherheit für alle Menschen in Baden-Württemberg. Jetzt ist der Moment, Verantwortung zu übernehmen und diesem Gesetz die Zustimmung zu geben.“
Auch Nora Welsch, Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, erinnert daran, dass Katastrophenvorsorge nicht allein Aufgabe der Behörden sei:
„Katastrophenvorsorge beginnt bei der Bevölkerung. Jede und jeder einzelne kann und muss seinen Beitrag leisten. Katastrophenschutzbehörden, Feuerwehren und Hilfsorganisationen können dieses Handeln unterstützen, aber niemals vollständig ersetzen.“
Anlässlich des Internationalen Tags der Katastrophenvorsorge am 13. Oktober hatte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zudem eine neue Auflage seines Ratgebers „Vorsorgen für Krisen und Katastrophen“ veröffentlicht. Er informiert Bürgerinnen und Bürger über mögliche Gefahrenlagen und gibt praktische Hinweise, wie man sich selbst und Angehörige vorbereiten kann.
Kommentar des SHV-FORUM GEHIRN e.V. Landesverband Baden-Württemberg
Wie aus der neuen Broschüre des BBK hervorgeht, bleiben die Belange schwerstpflegebedürftiger Menschen, insbesondere von Personen im Wachkoma, auch weiterhin gänzlich unberücksichtigt.
„Gerade diese besonders verletzliche Personengruppe kann im Katastrophenfall weder eigenständig reagieren noch evakuiert werden. Es fehlt bislang an realistischen Szenarien und praktischen Handlungsempfehlungen für pflegende Angehörige, Einrichtungen und Einsatzkräfte“, so Karl-Eugen Siegel, Landesvorsitzender des SelbstHilfeVerband – FORUM GEHIRN e.V.
Um wenigstens eine Informationslücke zu schließen, hat der Verband einen speziellen Ratgeber für Angehörige von Menschen im Wachkoma und mit schwersten Hirnschädigungen entwickelt.
„Notstromversorgung – Ein Ratgeber für Stromausfälle bei häuslicher Intensivversorgung“
Dieser praxisnahe Leitfaden wurde von Angehörigen für Angehörige erstellt und bietet konkrete Hilfestellungen für den Notfall. Er kann über die Geschäftsstelle des Verbandes bezogen werden oder steht online zur Verfügung unter: https://www.shvfg.de/publikationen-des-verbandes/
„Inklusion darf nicht beim Gehbehindertensymbol enden“, so Siegel weiter.
„Wer von inklusiver Katastrophenvorsorge spricht, muss vor allem auch jene mitdenken, die sich nicht selbst in Sicherheit bringen können.“